halbundhalb bietet tolle Möglichkeiten der Prokrastination. Hier ein Beispiel wie das bei mir läuft: auf der täglichen Nachrichtenseite steht tief unten im Vermischten: der neue Pirelli Kalender ist raus! Toll, die 20000 handverlesenen Kunden des Reifenherstellers kriegen also die Tage einen Akt-Kalender geschickt und der Rest der Welt soll sich durch die making offs auf vogue und co. klicken! Ich wittere ein mediales Phänomen über das sich schreiben lohnt und fange an zu recherchieren.
Drei Stunden später: Der seit 1964 erscheinende Pirelli Kalender ist wahrscheinlich die Mutter des sexistischen Werkstattspindkalenders. Da die Shootings mit einem großem Budget ausgestattet sind, zeigt er seit den 80er Jahren immer mehr Topmodels und exquisite Locations und wird zunehmend zur Spielwiese von berühmten Mode-FotografInnen. Die wachsende mediale Aufmerksamkeit führt zu einer gewissen Verantwortung, ‚the Cal’ wird zum Leitmedium in Sachen Erotik. Tatsächlich könnte man jetzt die Fotos aus jedem Jahr googeln und überlegen wie sich der männliche Blick auf die Frau verändert hat. Manchmal reicht es schon die Namen der Fotografen zu nennen: natürlich ist es ein Unterschied ob Terry Richardson fotografiert (2010) oder Karl Lagerfeld (2011)! Der Fotograph Deines vorletzten Beitrages, Steven Meisel, spielt 2015 mit den Schmuddelursprüngen und setzt wieder nackte Frauen auf Motorräder. 2016 fotografiert dann Annie Leibovitz – als zweite Fotografin überhaupt! – unbekleidete und bekleidete (sic!) Frauen aller Altersstufen (sic! sic!). Und 2018? Tim Walker erzählt Alice im Wunderland mit Modells und Berühmtheiten afro-amerikanischer Herkunft. Ich bin der totale Walker Fan und finde es sieht mal wieder toll aus. Mmmh, das ursprüngliche Zielpublikum ist wohl nicht begeistert über so viel Kunst und so wenig nackte Haut! Kommentar bei stern.de: „welcher Perverse hängt sich denn sowas in die Garage?!“
Annie Leibovitz mit Shirin Neshat (2016), Tim Walker mit Slick Woods (2018)